Piet Wiedenhöfer, TIAMATdruck GmbH, Düsseldorf

Monat: April 2020

Die letzten Aufträge sind gedruckt, wie geht es jetzt weiter?

Donnerstag, 16. April 2020

So, heute haben wir die letzten Aufträge gedruckt. Wir hatten noch einiges an Aufträgen aus der Zeit vor der Kontaktsperre und zwei – drei neue Aufträge von danach. Heute ist nichts mehr dazu gekommen, morgen ist Freitag und dann erst einmal Wochenende. Und am Montag stehen wir vielleicht ohne Arbeit da. Das habe ich so krass noch nie erlebt.

Unsere derzeitigen Maschinen kosten uns an Leasing jeden Monat € 3.200, da wird die Direkthilfe von € 9.000 keine drei Monate helfen, es gibt ja auch noch eine Menge anderer laufender Kosten. Viele kluge Menschen sagen ja, das die Welt nach Corona eine Andere sein wird. Ich glaube, das sehr viele der kleinen Betriebe das nicht überleben werden, das wir an Vielfalt verlieren werden, wenn wir nicht alle versuchen, uns gegenseitig zu Unterstützen und uns Wert zuschätzen.

Tja, irgendwie fällt man in eine Ratlosigkeit, wie kommen wir da noch mal heil heraus?

Unsere Kunden wirken entschleunigt

Dienstag, 14. April 2020

Es ist für mich sehr auffällig, das heute alle Kunden (es waren immerhin vier) ein großes Bedürfnis zum Gespräch hatten und auch die Zeit dafür mitbrachten. Solo-Selbstständige und freischaffende Künstler plagen extremste Existenzängste, aber es war auch schön die kleinen Geschichten der Hilfen zu hören. Kunden, die aus Mitgefühl schon zwei mal in einer Woche in Ihrem Lieblingsrestaurant Essen to go gekauft hatten oder die schon mehrmals bei Händlern in der Nachbarschaft Gutscheine für einen späteren Einkauf erworben hatten 🙂

Und unsere kontaktlose Übergabe der Drucksachen kommt gut an und ist auch irgendwie lustig. Da Alle an unserem großen Fenster vorbei kommen, wird gewunken und gelacht und Zeichensprache praktiziert. Wir kennen bestimmt schon mindestens drei verschiedene Gesten für „wir telefonieren gleich noch“. Und alle scheinen erleichtert über die so einfache Möglichkeit des kontaktlosen Kontaktes…

Heute seit Beginn der Kontaktbeschränkungen zu Corona das erste mal Laufkundschaft im Betrieb gehabt und fast € 20,00 mit Kartenzahlung eingenommen. Immerhin ein Hoffnungsschimmer. Keine Angst, in unserer Druckerei könnt ihr auch mehr als 2 Meter Sicherheitsabstand einhalten und jeder unserer Mitarbeiter kann bei Bedarf seine Atemschutzmaske aufziehen, und ihr dürft das natürlich auch jederzeit bei uns, kostenlosem Handdesinfektionsmittel inclusive.

Heute war irgendwie ein schöner Tag

Ja, es ist Montag der 6. April und ein neuer Wochenanfang in der Pandemie. Über das letzte Wochenende waren zwei neue Aufträge per Email bei uns eingegangen. Das war auf dem Weg zur Arbeit schon ein gutes Gefühl. Und wir hatten eine fertiggestellte künstlerische Buchproduktion so zu verpacken, das sie mit einer Duisburger Spedition schadlos nach Italien! in die Toskana geliefert werden konnte. Unsere Kunden und alle dort im Dorf werden nicht mehr direkt beliefert, alles wird vor dem Dorf zu einer Tankstelle gebracht und dort dann abgeholt.

Schön waren heute wieder Anrufe, weniger Emails, mehr Telefonate. Liebe Stammkunden wollten mit uns Reden, wissen wie und ob es uns noch gibt und uns Hoffnung machen. Es seien neue Aufträge in der Vorbereitung und werden dann ganz bestimmt zu uns kommen. Das ist schön und macht Mut. Und Kunden riefen an und boten an, erst diese Woche anlaufende Buchproduktionen schon in Vorkasse zu Zahlen, wir sollten doch schon einmal die Rechnung schicken, am liebsten per Email, das geht schneller.

Ganz herzlichen Dank euch allen für diese großartige Solidarität und gegenseitige Wertschätzung. Ich glaube wir alle hier freuen uns durch euch und eure Gesten auf den morgigen Arbeitstag! Und ich freue mich auf die Zeit nach Corona und auf den Sommer und auf und auf und…

Noch haben wir etwas Arbeit, aber es kommt nichts neues dazu.

Dienstag, 31.03.2020

Es hat so was surreales, aus einer früheren heilen Zeit stammenden Sicherheit und Normalität, wenn wir morgens immer noch nach TIAMATdruck zur Arbeit kommen dürfen. In den Stunden hier vergisst man Corona-Virus-Arschloch, funktioniert wie in den vielen letzten Jahren und Jahrzehnten. Nur mit dem Unterschied zu dem bisherigen Leben, das kaum noch jemand zu uns kommt, uns anruft, mailt. Was waren wir manchmal gestresst, wenn zu vieles gleichzeitig passierte. Und heute? Lieber wieder diesen, im nachhinein doch sehr schönen Stress, als diese vorauseilende Grabesruhe. Schön sind die täglichen Gespräche mit unserem Postboten, den wir schon so lange kennen. Da wird gelacht über den Toilettenpapier-Notstand und heute brachte er den Corona-Brief von unserem Oberbürgermeister Geisel, den die fleißigen Postboten in jeden Düsseldorfer Briefkasten werfen dürfen 🙂

Morgen früh ist der 1. April 2020, ein Quartal ist dann wieder rum und es werden neben allen anderen monatlichen Kosten auch wieder die Zinsen der Kreissparkasse auf unseren Dispositionskredit fällig und abgebucht. Dispo-Zinsen sind mit mindestens 10% sehr sehr hoch, da kommen noch mal 1.500 Euro dazu. Der genehmigte Corona-Zuschuss ist noch nicht auf unserem Konto. Aktuell ist das noch nicht ein großes Problem, wir haben gut gewirtschaftet vor dem Virus. Aber wenn wie in den nächsten Tagen keine neuen und vor allem kontinuierlich laufenden Aufträge kommen sollten, haben wir ab Montag kommender Woche so gut wie nichts mehr zu tun.

Ich werde das erste mal in unserer Geschichte Kurzarbeit für unsere Mitarbeiter beantragen. Gerne würde ich, wenn unser Geld reichen sollte, die 60%, die von der Arbeitsagentur vom letzten gezahlten Bruttogehalt übernommen werden, aufstocken. Mal sehen was geht.