Gedanken zum Leben in der Virtualität

Piet Wiedenhöfer, TIAMATdruck GmbH, Düsseldorf

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Der „look down“ war doch jenseits des wirtschaftlichen irgendwie auch schön…?

Das war doch immer unvorstellbar. Flugzeuge blieben am Boden, die altbekannten hunderte Kilometer langen Staus auf dem weg zur täglichen Arbeit waren verschwunden, ich war auf dem allmorgendlichen Weg von Korschenbroich in die Druckerei nach Düsseldorf fast alleine auf der Straße. Der alltägliche Lärm in Düsseldorf war verstummt, leider auch unser Telefon und die Auftrags-Pipeline per Email, die aber auch zu Hochzeiten selten störende Geräusche machte :-))

Die Abgase der Automobile wurden geringer weil sehr viel weniger davon unterwegs waren und wir hatten gefühlt nach vielen Jahren erstmals wieder Zeit zur Reflektion. Was und vor allem warum und wofür machen wir das alles auf der Arbeit? Was wollte ich schon immer Erledigen und hatte bisher keine Zeit dafür? Stille im Betrieb, niemand kam vorbei, den ganzen Tag klingelte kein Telefon und die 2% Emails im Vergleich zu der Zeit vor dem look down waren schnell und sehr sehr ausführlich beantwortet 🙂

Alles, auch die Banken und Finanzdienstleister schienen kurz mal ihre beschissene Luft anzuhalten.

Das ist jetzt schon wieder vorbei. Holla, man werde Corona aus den Bilanzen herausrechnen, sagte uns zuversichtlich unsere seit fast 40 Jahren partnerschaftlich verbundenen Hausbank, die Kreissparkasse Düsseldorf. Holla, Gott sei Dank schein Corona für die weltfremden Banken finanziell gesehen nur ein mathematisches Problem zu sein :-)))

Jetzt kommt die wirtschaftliche Pandemie und dann das End…?

Was ist seit unserem letzten Beitrag im Mai passiert? Es kam wieder Arbeit in unsere Druckerei und es fühlte sich gut an. Aber der Stand von vor Corona ist noch nicht wieder erreicht und jetzt merken wir sehr wohl die fehlenden Zahlungseingänge durch die beiden kläglichen Monate.

Und nun treten die Banken auf den Plan, sehen offensichtlich die Chance, lästige Kleinbetriebe mit arbeitsintensiver Beratungskultur los zu werden. Wir haben versucht unsere momentane schwierige finanzielle Situation zu erklären, als kluge Antwort wurde uns erwidert, die Bank werde bei der betrieblichen Bewertung „Corona herausrechnen“!!! Das ist ja wohl der Hit, für die Banken ist die Pandemie Mathematik, eine Formel für deren Computer. Ich Glaube, unser Bankenwesen ist nicht mehr zeitgemäß, da wird immer noch stur dem schon gescheiterten Kapitalismus hinterher gelaufen.

Corona hat doch das undenkbare wahr werden lassen, Wachstum um jeden Preis ist nicht nötig, eine allumfassende gesellschaftliche Solidarität muss wieder her. Plötzlich fliegen nicht mehr so viele Flugzeuge, Kreuzfahrtschiffe stehen still. die Natur erholt sich langsam wieder von unserer Belastung.

Aber unsere Hausbank berechnet das Leben, still und heimlich. Unsere Situation ist durch diese Unflexibilität sehr kritisch geworden. Wir werden uns „back to our roots“ bewegen und wieder versuchen, private Darlehensgeber zu finden. Das wäre für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Wieso für beide Seiten, vielleicht stehen wir dann bald alle auf einer Seite, der gemeinsamen. Wir werden nicht durch die horrenden Dispozinsen erstickt und unsere Darlehengeber bekommen Zinsen für ihr Geld. Wir freuen uns auf euch und hoffen das klappt noch alles rechtzeitig…

Verschwörung, oder was?

Jetzt trennt sich zum Glück die Spreu vom Weizen, es trennen sich Dumme von Klugen. Wenn ich so was wie diesen Mist vom „veganen Papst“ Attila Hildmann oder vom Firmengründer von „Rapunzel“ Joseph Wilhelm lese, dann weiß ich jetzt schon was ich mit Sicherheit machen werde.

Von beiden und auch von all den Anderen werde ich wohl keine Produkte mehr kaufen, das dürfte jetzt schon klar sein. Vergangenes Jahr, zu Weihnachten, da hatten wir für unsere Kunden als Weihnachtsgeschenk Schokolade von „Rapunzel“ verschenkt. Das wird dieses Jahr nicht mehr so sein! Und das vegane Kochbuch von Hildmann, das ich leider letztes Jahr gekauft hatte, wollten auch meine erwachsenen Söhne jetzt nicht mehr geschenkt haben, liegt nun da wo es hingehört, beim Altpapier. Da wird ja dann aus Altem was Neues gemacht, vielleicht sogar Toilettenpapier :-))

Wäre ja dann doch noch eine sinnvolle Verwendung 🙂 Besser geht nicht!!!

Geschäftlich gesehen ein hoffnungsvoller Tag :-)

Dienstag, 12. Mai 2020

Die gesellschaftliche Aktivität oder auch Inaktivität scheint von den politischen Entscheidungen geprägt zu sein. Heute hatten wir richtig viel Besuch von Kunden in der Druckerei. Viele Künstler und Kunstschaffende wollen sich wieder zeigen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Alle, und die Betonung liegt auf „alle“ unserer heutigen Besucher kamen unaufgefordert mit Mund- und Nasenmaske trotz teilweise heftig beschlagener Brillen in den Betrieb und viele desinfizierten sich auch vorher die Hände. Es hat wirklich großen Spaß gemacht, wieder miteinander zu Kommunizieren, schöne Dinge miteinander zu Teilen!

Selbst ein potentielles Hochzeitspaar ließ heute Einladungskarten drucken, das fand ich besonders toll und so lebensbejahend. Macht weiter so, kommt zu uns. Wir freuen uns so sehr über eure Treue und Solidarität. Und wir schicken euch ganz bestimmt nicht für ganz kleine Drucksachen für ganz kleines Geld in Zeiten der Pandemie weg. Da wir ja alle nicht zu viel herum laufen sollen, dürft ihr natürlich auch für notwendige Kleinigkeiten wie den Retourenschein für eine Rücksendung zu uns kommen 🙂

Es ist schwierig, Neuigkeiten mitzuteilen.

Dienstag, 05. Mai 2020

Es gibt wenig Veränderung momentan, fast gewöhnt man sich an den Auftragsmangel und auch daran, das an manchen Tagen das Telefon überhaupt nicht mehr klingelt und nur noch ein paar Emails eintrudeln. Wir wollten den Blog ursprünglich während der Pandemie täglich mit Informationen über uns füttern. Das klappt nicht, es passiert oft kaum was interessantes zum Mitteilen.

Kollegenbetriebe melden sich öfter, auch denen geht es schlecht und viele wissen nicht, ob sie die nächsten Wochen wirtschaftlich überstehen werden. Viele handwerkliche Manufakturen, die sich auf Events wie Hochzeiten, Jubiläen und so was spezialisiert haben. Wenn die schließen müssen, geht uns vieles an altem Handwerk und Fachwissen verloren.

Die letzten Aufträge sind gedruckt, wie geht es jetzt weiter?

Donnerstag, 16. April 2020

So, heute haben wir die letzten Aufträge gedruckt. Wir hatten noch einiges an Aufträgen aus der Zeit vor der Kontaktsperre und zwei – drei neue Aufträge von danach. Heute ist nichts mehr dazu gekommen, morgen ist Freitag und dann erst einmal Wochenende. Und am Montag stehen wir vielleicht ohne Arbeit da. Das habe ich so krass noch nie erlebt.

Unsere derzeitigen Maschinen kosten uns an Leasing jeden Monat € 3.200, da wird die Direkthilfe von € 9.000 keine drei Monate helfen, es gibt ja auch noch eine Menge anderer laufender Kosten. Viele kluge Menschen sagen ja, das die Welt nach Corona eine Andere sein wird. Ich glaube, das sehr viele der kleinen Betriebe das nicht überleben werden, das wir an Vielfalt verlieren werden, wenn wir nicht alle versuchen, uns gegenseitig zu Unterstützen und uns Wert zuschätzen.

Tja, irgendwie fällt man in eine Ratlosigkeit, wie kommen wir da noch mal heil heraus?

Unsere Kunden wirken entschleunigt

Dienstag, 14. April 2020

Es ist für mich sehr auffällig, das heute alle Kunden (es waren immerhin vier) ein großes Bedürfnis zum Gespräch hatten und auch die Zeit dafür mitbrachten. Solo-Selbstständige und freischaffende Künstler plagen extremste Existenzängste, aber es war auch schön die kleinen Geschichten der Hilfen zu hören. Kunden, die aus Mitgefühl schon zwei mal in einer Woche in Ihrem Lieblingsrestaurant Essen to go gekauft hatten oder die schon mehrmals bei Händlern in der Nachbarschaft Gutscheine für einen späteren Einkauf erworben hatten 🙂

Und unsere kontaktlose Übergabe der Drucksachen kommt gut an und ist auch irgendwie lustig. Da Alle an unserem großen Fenster vorbei kommen, wird gewunken und gelacht und Zeichensprache praktiziert. Wir kennen bestimmt schon mindestens drei verschiedene Gesten für „wir telefonieren gleich noch“. Und alle scheinen erleichtert über die so einfache Möglichkeit des kontaktlosen Kontaktes…

Heute seit Beginn der Kontaktbeschränkungen zu Corona das erste mal Laufkundschaft im Betrieb gehabt und fast € 20,00 mit Kartenzahlung eingenommen. Immerhin ein Hoffnungsschimmer. Keine Angst, in unserer Druckerei könnt ihr auch mehr als 2 Meter Sicherheitsabstand einhalten und jeder unserer Mitarbeiter kann bei Bedarf seine Atemschutzmaske aufziehen, und ihr dürft das natürlich auch jederzeit bei uns, kostenlosem Handdesinfektionsmittel inclusive.

Heute war irgendwie ein schöner Tag

Ja, es ist Montag der 6. April und ein neuer Wochenanfang in der Pandemie. Über das letzte Wochenende waren zwei neue Aufträge per Email bei uns eingegangen. Das war auf dem Weg zur Arbeit schon ein gutes Gefühl. Und wir hatten eine fertiggestellte künstlerische Buchproduktion so zu verpacken, das sie mit einer Duisburger Spedition schadlos nach Italien! in die Toskana geliefert werden konnte. Unsere Kunden und alle dort im Dorf werden nicht mehr direkt beliefert, alles wird vor dem Dorf zu einer Tankstelle gebracht und dort dann abgeholt.

Schön waren heute wieder Anrufe, weniger Emails, mehr Telefonate. Liebe Stammkunden wollten mit uns Reden, wissen wie und ob es uns noch gibt und uns Hoffnung machen. Es seien neue Aufträge in der Vorbereitung und werden dann ganz bestimmt zu uns kommen. Das ist schön und macht Mut. Und Kunden riefen an und boten an, erst diese Woche anlaufende Buchproduktionen schon in Vorkasse zu Zahlen, wir sollten doch schon einmal die Rechnung schicken, am liebsten per Email, das geht schneller.

Ganz herzlichen Dank euch allen für diese großartige Solidarität und gegenseitige Wertschätzung. Ich glaube wir alle hier freuen uns durch euch und eure Gesten auf den morgigen Arbeitstag! Und ich freue mich auf die Zeit nach Corona und auf den Sommer und auf und auf und…

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